Gildefotoarchiv44

Der Spiess

Spieß ist die umgangssprachliche Bezeichnung für den Kompanie-
feldwebel beim deutschen Militär. Sie ist dadurch entstanden, weil dieser im 17. und 18. Jahrhundert tatsächlich einen Spieß trug, um Soldaten, die aus der Reihe ausbrachen, mit einem Stoß wieder an ihre Pflicht zu erinnern.

1968: Ein neuer Spieß für die Gilde

Das dieses Jahr 1968 zum Schicksalsjahr für die Woltersdorfer Schützengilde werden sollte, ahnte niemand von den zahlreichen Vereinsmitgliedern, die sich zur Jahreshauptversammlung in der Gastwirtschaft “Zur Post” bei Kurt Wranek eingefunden hatten. Zwar stand die Neuwahl des gesamten Vorstands auf der Tagesordnung aber eigentlich waren keine wesentlichen Änderungen zu erwarten. Eine gern genutzte Devise war bei solchen Veranstaltungen der vielstimmige Ruf “Wiederwahl”, um schnell zum geselligen Teil des Abends zu gelangen. Doch diesmal kam alles ganz anders.

Der bisherige 1. Vorsitzende, Oberst Karl Thiele, wurde von der Versammlung einstimmig zur Wiederwahl vorgeschlagen. Um so größer war das Erstaunen, als er erklärte, daß er das Amt nicht mehr weiter führen und auch für andere Posten nicht mehr zur Verfügung stehen würde. Alle waren wie vom Donner gerührt, keiner hatte vorher etwas gewußt – auch der gesamte Vorstand nicht!
Nachdem sich die Gemüter etwas beruhigt hatten, wurde der bisherige Stellvertreter und Kommandeur der 1. Kompanie, Hauptmann Waldemar Schulz, zum 1. Vorsitzenden gewählt. Dieser nahm nach gründlicher Bedenkzeit die Wahl an.
Wer aber sollte jetzt an seine Stelle treten? Viele Namen schwirrten durch den Saal aber alle Vorgeschlagenen winkten schon von weitem ab. Schließlich erklärte sich der amtierende Schützenkönig Werner Maatsch bereit, das Amt des 2. Vorsitzenden zu übernehmen und wurde einstimmig gewählt.
Jetzt hatte man aber ein neues Problem. Laut damaliger Satzung war der 2. Vorsitzende der Schützengilde auch gleichzeitig Hauptmann und Kommandeur der 1. Kompanie. Da Werner Maatsch aber unter einer Gehbehinderung litt, konnte er diese Funktion nicht ausüben. Wieder war guter Rat teuer. Nach langem Hin und Her einigte man sich darauf, dass der Kommandeur der 2. Kompanie, Hauptmann Karl Bense, die Führung beider Kompanien übernehmen sollte, solange, bis man irgendwann zu einer anderen Lösung kommen würde.

Für die nächste Überraschung sorgte der amtierende Kompaniefeldwebel Manfred Möller. Auch er schlug eine Wiederwahl aus und stellte seinen Posten zur Verfügung. Wieder überall ratlose Gesichter; keiner wollte diesen ungeliebten Posten übernehmen, auf dem man in kurzer Zeit schon einige Schützenbrüder verschlissen hatte. Der Schützenkönig brachte schließlich den Namen Joachim Kracht ins Spiel. Er wäre ihm bereits beim Schützenfest nachts in der sogenannten “Mondscheinkompanie” durch Trinkfestigkeit, Sangesfreude und lautstarkes Kommandogehabe aufgefallen. Dieses würde ihn geradezu für diesen Posten prädestinieren. Viele der Anwesenden waren skeptisch und verwiesen auf das jugendliche Alter und die kurze Mitgliedschaft des Vorgeschlagenen.
Doch mit den Stimmen der restlichen Mitglieder wurde Jo Kracht als jüngster Spieß der Schützengilde Woltersdorf auf diesen Posten gewählt, den er dann bis 1977 inne hatte.

Hier 1973 in Aktion als frisch beförderter Oberfeldwebel.

… und weiter geht´s: